Woyzeck und die Frage der Schuld

Im Rahmen des Deutschunterrichts hat meine Klasse das Theaterstück «Woyzeck» gelesen. In diesem Stück geht es um einen Mann, welcher ein Leben mit diversen Problemen führt. Er ist psychisch krank und hat zu wenig Geld. Dazu kommen Probleme in der Beziehung mit seiner Geliebten Marie. Kurzum, er hat ein schweres Leben, für welches hauptsächlich äussere Einflüsse verantwortlich sind. Am Ende des Stücks dreht Woyzeck durch und bringt Marie um. Das Stück wurde von George Büchner geschrieben. Er konnte es jedoch nie vollenden, da er mit nur 23 Jahren während einer Typhusepidemie in Zürich starb. In «Woyzeck» verarbeitete Büchner diverse Fragen und Probleme seiner Zeit. Zentral ist in Büchners Stück die Frage, ob jeder Mensch selbst für seine Lebensumstände verantwortlich ist und es daher auch bei ihm liegt, diese Umstände zu verändern, oder ob die Situation primär durch äussere Einflüsse bedingt wird, welche nicht im Machtbereich des betroffenen Individuums liegen. Daraus kann wiederum abgeleitet werden, dass die Taten einer Person nur bedingt in ihrer eigenen Verantwortung liegen, da der Mensch durch die äusseren Umstände zu diesem Handeln getrieben wird. Mit «Woyzeck» unterstreicht Büchner klar seine Meinung, dass ein Mensch nicht immer für sein Tun verantwortlich ist. Im Fall Woyzeck bedeutet das konkret: Er hat Marie umgebracht, weil er durch seine Lebensumstände dazu getrieben wurde. Die Schuld kann also nicht Woyzeck zugeschrieben werden und er sollte daher auch nicht als Mörder bestraft werden.

Diese Ansicht war für Büchners Zeit sehr neu, da von den meisten die Meinung vertreten wurde, dass ein jeder für seine Taten und seine Situation selbst verantwortlich sei. Somit ist man auch schuldig, wenn man eine Tat aufgrund äusserer Umstände begeht. Die Einstellung der damaligen Zeit wird deutlich durch den echten Fall Woyzeck, auf welchem Büchners Stück teils basiert. 1821 tötete ein Mann namens Woyzeck seine Geliebte. Im Verlaufe des Gerichtsprozesses wurde festgestellt, dass Woyzeck unter anderem an Schizophrenie und Depressionen litt. Somit wäre er je nach Beantwortung der Schuldfrage gar nicht schuldig gewesen. Trotzdem wurde der historische Woyzeck zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Aus heutiger Sicht ist dieses Urteil nicht nachvollziehbar. Denn in unserer heutigen Gesellschaft wird mehrheitlich die Ansicht Büchners vertreten, wonach ein Mensch aufgrund seiner Lebenssituation unter Umständen nicht für seine Taten verantwortlich gemacht werden kann und somit auch nicht schuldfähig ist. Diese Ansicht ist auch in unseren Gesetzen verankert. Dies möchte ich nun veranschaulichen, indem ich den historischen Fall Woyzeck nach heutigem schweizerischem Recht beurteile. Dabei werde ich von den folgenden Umständen ausgehen:

  • Woyzeck litt zum Zeitpunkt des Mordes unter Schizophrenie. Er hatte Halluzinationen und hörte Stimmen, welche ihm sagten, dass er seine Geliebte umbringen solle.
  • Woyzeck litt unter Depressionen und hatte einen Suizidversuch hinter sich.
  • Woyzeck stellte sich nach der Tat freiwillig der Polizei.

Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass dies lediglich die Tatsachen sind, welche ich dank meiner Internetrecherche über den historischen Woyzeck erfahren habe. Sicher gab es noch weitere Einflüsse, die zu Woyzecks Tat führten. Daher wird meine Beurteilung auch nur eine ungefähre Richtung angeben, wie Woyzeck in der heutigen Zeit verurteilt werden würde. Trotzdem sollte dies zu Genüge veranschaulichen, wie drastisch sich die Einstellung bezüglich der Schuldfrage seit Woyzecks Zeit verändert hat. Bei Beurteilung des Falles mit heutigem Recht sticht sofort der folgende Artikel aus dem schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) ins Auge.

Art. 19 Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit

1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.

3 Es können indessen Massnahmen nach den Artikeln 59–61, 63, 64, 67, 67b und 67e getroffen werden.

Da Woyzeck zum Tatzeitpunkt unter Schizophrenie litt, konnte er sein Handeln nicht reflektieren. Woyzeck ist also nicht strafbar, es können jedoch nach (Art 19. 3.) Massnahmen getroffen werden. Im Falle Woyzeck würde das wahrscheinlich auf (Art. 59. 1.) hinauslaufen.

Art. 59 Behandlung von psychischen Störungen

1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:

a. der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht; und

b. zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen.

Da sowohl a. als auch b. zutreffen, würde Woyzeck in der heutigen Zeit wahrscheinlich in einer geschlossenen Abteilung untergebracht werden. Heute läge der Schwerpunkt somit nicht bei der Strafe, sondern beim Gewähren der benötigten Hilfe. Das heutige Gesetz setzt also ziemlich genau das um, was Büchner zu seiner Zeit mit «Woyzeck» aufzeigen wollte und am damaligen System kritisierte.

Diesen Blogeintrag habe ich mit der Unterstützung von Generativer KI verfasst. Den Text an sich habe ich selbst geschrieben, ich verwendete jedoch ChatGPT, um mir bei gewissen Formulierungen zu helfen, welche mir schwerfielen. Zudem war ChatGPT sehr praktisch, um den Fall «Woyzeck» nach heutigem Gesetz zu beurteilen, da ich im Handumdrehen an die passenden Gesetzespassagen kam und diese nicht mühselig selbst heraussuchen musste. Meine Analyse des Falles basiert auf Fakten, die ich entweder aus Internetartikeln (Quellen) oder Notizen aus meinem Deutschunterricht entnommen habe. Das Schreiben dieses Textes hat mich persönlich noch einmal dazu gebracht, mich vertieft mit der Frage der Schuld auseinanderzusetzen. Erst dadurch wurde mir das volle Ausmass der Schuldfrage und deren Beantwortung bewusst. Das Schreiben dieses Textes hat mir somit geholfen, den im Deutschunterricht behandelten Stoff noch einmal für mich aufzuarbeiten und zu verinnerlichen.